Schülerladen PULS

Station zum Thema Rassismus


Willkommen bei der Menschenrechtsrallye Pfullingen!

Falls du schon weißt, was dich erwartet, wünschen wir dir viel Spaß bei der Station.

Ansonsten findest du hier nochmal eine kurze Einleitung.

 

Das Problem Rassismus

Disclaimer: Diese Station wurde von weißen Menschen verfasst. Sie ist vor allem für andere weiße Menschen konzipiert1, die sich mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen sollen.

Wichtig ist, dass du, solltest du eine weiße Person sein, Betroffenen zuhörst und ihre rassistischen Erfahrungen nicht verleugnest. Als weißer Mensch kann man nur schwer nachvollziehen, wie sich Rassismus anfühlt und hat dementsprechend auch kein Recht anderen zu sagen, wie sie sich fühlen sollten. Rassismus kann oft traumatisierend für Betroffene sein. Bist du eine BIPOC2 und hast das Gefühl dich gerade nicht mit dieser Station auseinander setzten zu können, dann musst du das auch nicht. Sage deiner begleitenden Lehrkraft Bescheid und mache einen Spaziergang oder ähnliches.

1 entworfen, entwickelt
2 Englische Abkürzung für: Black, Indigenous and Person of color; Selbstbezeichnung für Menschen, die Rassismus-Erfahrungen gemacht haben, also alle die nicht weiß sind



Was ist Rassismus?

Es gibt unterschiedliche Arten der Diskriminierung3, zum Beispiel Homophobie (Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung), Sexismus (Diskriminierung aufgrund des Geschlechts), Altersdiskriminierung, Behindertendiskriminierung oder eben Rassismus. Rassismus ist sehr vielfältig und betrifft sehr viele verschiedene Menschen. In dieser Station geht es vor allem um Rassismus gegenüber Schwarzen* Menschen.

3 Unterdrückung, Benachteiligung; Sie betrifft Menschengruppen, keine Einzelpersonen


Rassismus = Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe oder Herkunft

 Schau dir hierzu noch dieses kurze Video an:

https://www.bpb.de/mediathek/182878/rassismus-was-ist-das-kurz-erklaert-auf-bpb-de

 

 Sammelt in Kleingruppen oder Paaren, was ihr mit dem Begriff „Rassismus“ verbindet.


Kleine Geschichte des Rassismus

Das Konzept der Rassen stammt ursprünglich aus der Naturwissenschaft, die im 19. Jahrhundert versuchte, das in Europa vorherrschende Klischee einer überlegenen weißen Rasse wissenschaftlich zu untermauern.

Der Ursprung des Rassismus geht auf die Kolonialisierung Afrikas und Südamerikas zurück. Die Versklavung von Millionen Afrikaner*innen zur Ausbeutung der Rohstoffe der eroberten Gebiete verfestigte bei den europäischen Mächten das Gefühl einer moralischen und zivilisatorischen Überlegenheit der "weißen Rasse". Die Idee einer erblich bedingten Überlegenheit gipfelte nicht zuletzt in der grausamen Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten.

Auch wenn der Rassismus mittlerweile wissenschaftlich widerlegt ist, ist er weiterhin in vielen Köpfen verankert. Diskriminierung aufgrund von Herkunft und Hautfarbe gehört daher auch heute leider noch zum Alltag vieler Menschen.“

Quelle: https://www.bpb.de/mediathek/178985/die-entstehung-des-rassismus

So äußert sich Rassismus

Alltagsrassismus hat viele Gesichter. Es ist die Frage nach der – vermeintlichen – Herkunft, obwohl man in Rostock geboren wurde. Es sind die abwertenden Blicke im Bus, die rassistischen Rufe im Stadion oder auch die Zurückweisung an der Disko-Tür. Der mit zweierlei Maß messende Ausbilder, die rassismusunsensiblen Kolleg*innen oder die diskriminierenden Darstellungen in Büchern, Zeitungen und Filmen. Vermeintliche Komplimente wie "Du sprichst aber gut Deutsch" oder lobend gemeinte Verallgemeinerungen wie "asiatische Schüler*innen sind immer so fleißig" sind weitere Beispiele für Alltagsrassismus.“

Rassismus zeigt sich häufig auch in subtilen, übergriffigen Äußerungen in der alltäglichen Kommunikation und im alltäglichen Handeln. Diese nennt man Mikroaggressionen. „Alltägliche Beleidigungen, Entwürdigungen und erniedrigende Botschaften an BIPOC4. Diese Botschaften kommen von weißen, „gut meinenden“ Menschen, die sich der versteckten Botschaft nicht bewusst sind.“

Quellen: https://www.bpb.de/dialog/194569/offensichtlich-und-zugedeckt-alltagsrassismus-in-deutschland; Ogette S.55

4 Englische Abkürzung für: Black, Indigenous and Person of color; Selbstbezeichnung für Menschen, die Rassismus-Erfahrungen gemacht haben, also alle die nicht weiß sind


 Schaut euch das Video Mikroaggressionen Mückenstich an https://www.youtube.com/watch?v=emz49wSnNcs


Die Übersetzung zum Video gibt es hier.


 Welche Mikroaggressionen habt ihr in eurem Leben schon einmal erlebt oder beobachtet?

 Warum ist es bei Mikroaggressionen nicht wichtig, wie sie gemeint waren? Denkt auch an eigene Erfahrungen, bei denen jemand etwas Verletzendes zu euch gesagt hat. Welche Wirkungen haben solche Taten wohl auf Betroffene?




Rassismus in der Sprache

Schwarze Deutsche und überall auf der Welt werden alltäglich mit dem N-Wort beschimpft. Es hinterlässt psychologische Narben, die Ängste und Albträume verursachen. Sie werden zutiefst verletzt, weil sie das Opfer rassistischer Unterdrückung geworden sind. Das N-Wort ist also in der Geschichte der Versklavung und Kolonisierung situiert5, d.h. es ist ein Begriff, welcher mit Brutalität, Verwundung und Schmerz einhergeht. Diese Erfahrungen werden als Trauma definiert.“

Quelle: https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/afrikanische-diaspora/59448/das-n-wort

 

5 platziert, eingebettet 

Auch in der Literatur findet sich rassistische Sprache, unter anderem auch das N-Wort. Wie zum Beispiel in diesem Ausschnitt aus Pipi Langstrumpf:

Bedenkt mal — N****prinzessin!“ sagte Pippi träumerisch. „Es gibt nicht viele Kinder, die das werden. Und fein werde ich sein! In allen Ohren werde ich Ringe haben und in der Nase einen noch größeren Ring.“

„Was wirst du sonst noch anhaben?“ fragte Annika.

„Nichts weiter“, sagte Pippi. „Nicht eine Spur mehr! Aber ich werde einen eigenen N**** haben, der mir jeden Morgen den ganzen Körper mit Schuhcreme putzt. Damit ich ebenso schwarz werde wie die anderen N****. Ich stelle mich jeden Abend zum Putzen raus, gleichzeitig mit den Schuhen.“ [Lindgren, Astrid, 1945: Pippi Langstrumpf geht an Bord, S. 173f]



 Warum sollte rassistische Sprache auch in Kinderliteratur zensiert werden?



Rassismus heute

Auch heute müssen fast alle BIPOC in ihrem Leben rassistische Erfahrungen machen. Und obwohl in den letzten Jahren eine Sensibilisierung für Rassismus stattgefunden hat, sind wir das Problem noch lange nicht los. Die meisten von uns werden rassistisch erzogen, ganz einfach, weil unsere Welt sich nicht kurz mal von ihrer rassistischen Vergangenheit frei machen kann. Nach dem schrecklichen Tod von George Floyd in Amerika im Mai 2020 sind jedoch viele Menschen aufgestanden und haben auf der ganzen Welt mit der Black Lives Matter Bewegung auf die noch bestehenden Missstände aufmerksam gemacht, die weiße Menschen gerne übersehen.

Was kannst du gegen Rassismus tun?

Informiere dich. Hinterfrage dein eigenes Verhalten. Gestehe dir Fehler ein. Mische dich ein. Niemand ist in einem rassistischen System frei von Rassismen. Rassismus entsteht auch durch Vorurteile und Unwissenheit. Mit Fakten kannst du rassistische Fehlinformationen und Verhaltensweisen erkennen und bekämpfen. Weise auch andere auf ihre rassistischen Verhaltensweisen hin.
Solidarisiere
6 dich mit Betroffenen. Gehe zum Beispiel auf Demonstrationen gegen Rassismus. Ob in einer Kleinstadt oder Metropole, überall in Deutschland stehen Menschen auf und setzen ein Zeichen gegen Rassismus. Schließe dich ihnen an!

Quelle: www.malteser.de/aware/hilfreich/rassismus-in-deutschland-das-kannst-du-dagegen-unternehmen.html#c431245

6 einstehen, unterstützen


 Überlegt gemeinsam, was ihr als Individuen oder auch als Schulgemeinschaft gegen Rassismus unternehmen könnt.

Um für Betroffene wirklich eine Veränderung bewirken zu können, ist es nicht ausreichend nicht-rassistisch zu sein, man muss antirassistisch sein. Wenn du dich weiter zum Thema informieren willst, um dein eigenes Verhalten und das anderer zu verbessern, kannst du folgende Bücher lesen oder sie dir umsonst auf Spotify etc. anhören:

EXIT RACISM – rassismuskritisch denken lernen; Tupoka Ogette

https://open.spotify.com/album/6LLl2tvQel0dJiTLQpTAUE

Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten; Alice Hasters

open.spotify.com/album/79uYNPgxipgVoEpx0uebGU


Egal, ob du eine von Diskriminierung betroffene Person bist oder Betroffenen helfen willst, schaut euch doch zuhause mal die Angebote von adis e.V. an, zum Beispiel das „Talk“ Projekt:

www.youtube.com/channel/UCeKzKZSHJUqwF8gczayKXVw


Für die Station zum Thema Rassismus wurde wegen des historischen Hintergrundes das Schlossareal ausgewählt, da hier von 1946 – 1955 heimatlose Ausländer, die „Displaced Persons“, auf dem Pfullinger Schlossareal ihr Lager hatten.
Hierzu hat Herr Spiller vom Stadtarchiv Pfullingen einen Text für euch geschrieben:

Displaced Persons“ (DPs) und „heimatlose Ausländer“ in den Jahren 1946 bis 1955 auf dem Pfullinger Schlossareal

Nach Kriegsende begann ein weiterer Abschnitt in der wechselvollen Geschichte des Pfullinger Schlosses, das mit seinen zahlreichen, heute nicht mehr erhaltenen Nebengebäuden seit Mitte des 19. Jh. eine psychiatrische Heilanstalt und nach deren Aufgabe Anfang der 1920er Jahre eine Produktionsstätte der Lederfabrik J. J. Schlayer beherbergt hatte: Das Schlossanwesen wurde nach Beschlagnahmung durch die französische Besatzungsmacht und Zwangsräumung im Frühjahr 1946 zu einem Lager für sogenannte Displaced Persons (DPs). Dabei handelte es sich um Personen, die sich vor allem als Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene bei Kriegsende außerhalb ihrer Herkunftsländer befanden. Ihre prekäre Situation war eine direkte Folge der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik während des 2. Weltkriegs, bei der das Fehlen der deutschen Arbeitskräfte durch Millionen von Zwangsarbeitern aus den eroberten Gebieten ausgeglichen werden sollte. Auch in Pfullingen waren im Verlauf des Krieges über 1.200 Zwangsarbeiter u.a. aus Frankreich, den Niederlanden, Polen, Russland und den baltischen Staaten in Industriebetrieben, im Handwerk, in der Landwirtschaft und im städtischen Forst im Einsatz. In der nationalsozialistischen Rassenideologie rangierten1 die Arbeitskräfte aus Osteuropa ganz unten. Zur Untermauerung dieser allein ideologischen Zumessung schrieb das NS-Regime eine eigene Kennzeichnung auf der Kleidung dieses Personenkreises vor („P“ – für polnische, „Ost“ – für Arbeitskräfte aus der Sowjetunion) und verfügte bis ins Kleinste und unter Androhung drakonischer2 Strafen die Reglementierung des Alltags.

in Ordnung bringen, ordnen, aufstellen, einreihen, aufräumen
2 Sehr streng, hart (in Bezug auf Strafen, Vorschriften)

Bei Kriegsende befanden sich noch mehr als 400 Personen nichtdeutscher Nationalität in Pfullingen, von denen im Laufe des Jahres 1945 viele in ihre Heimatländer zurückkehrten. Für zahlreiche Sowjetbürger, die nach dem Abkommen von Jalta gegen ihren Willen repatriiert wurden, war dies mit neuerlichem Zwang verbunden. Es überrascht nicht, dass es nach dem Zusammenbruch staatlicher Ordnungsstrukturen aus der großen Masse ehemaliger Zwangsarbeiter teilweise zu Überfällen und Racheakten an ihren früheren Peinigern kam. Diese Taten prägten allerdings nachhaltig das Bild in der Bevölkerung gerade der osteuropäischen Fremdarbeiter, deren Arbeitskraft zuvor rücksichtslos ausgebeutet worden war.

Ehemalige polnische Zwangsarbeiter gehörten neben Angehörigen der baltischen Staaten zu den Personen, die sich am vehementesten weigerten, in ihre jetzt zum sowjetischen Einflussbereich gehörenden Heimatländer zurückzukehren. Sie bildeten als „Polnische Kolonie“ die größte Gruppe des DP-Lagers auf dem Schlossareal, das im Sommer 1946 bei ständiger Fluktuation3 aus rund 450 Personen bestand. Das zunächst von internationalen Hilfsorganisationen (der United Nations Relief and Rehabilitation Administration, kurz UNNRA, dann der International Refugee Organization, IRO) betreute Lager ging 1950 in deutsche Verwaltung über. Zu diesem Zeitpunkt war das „Polenlager“ immer noch mit 310 Personen belegt. Die hohe Belegungsdichte und die damit einhergehenden hygienischen und sozialen Probleme führten immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der Militärregierung, der Stadtverwaltung und der Firma Schlayer, die nach wie vor Eigentümerin des Areals war. Neben Straftaten, die mit dem Lager in Verbindung gebracht wurden, sorgte sicher auch die gegenüber der einheimischen Bevölkerung privilegierte Lebensmittelversorgung der DPs für eine ausschließlich negative Sicht auf das Lager und seine Bewohner. Die Stadt, die nun verstärkt auch mit der Zuweisung von Flüchtlingen konfrontiert war, war bestrebt, das Lager schnellstmöglich aufzulösen. Es wirft ein deutliches Licht auf die Haltung von Bevölkerung und Stadtverwaltung, wenn selbst in amtlichen Unterlagen in diesem Zusammenhang von einer „Plage“ die Rede ist. Als die Stadt das Schlossareal 1954 für 850.000 DM von der Firma Schlayer erwarb, befanden sich dort noch 45 Personen, deren Status als „heimatlose Ausländer“ seit 1951 den „DP“-Status ersetzt hatte. Nachdem das Lager bis zum 1. April 1955 vollständig aufgelöst war, konnte die Stadt über das Areal verfügen und hier dringend benötigten Wohnraum schaffen. Im Schlossgebäude selbst wurden neben Wohnungen ein Kindergarten und mehrere Zimmer für die Nutzung durch Vereine eingerichtet.

3
kurzzeitige oder andauernde Veränderung (Schwankung, Wechsel) von Personen, Personal, Sachverhalten oder Zuständen




Weitere Stationen findest du hier:

Station zum Thema Bildung: Pavillon im Stadtgarten (Schulstr. 3)

Station zum Thema Jugendbeteiligung: an der Himmelsliege im Schlösslespark (Schloßstr.)

Station zum Thema Kinderrechtskonvention: Jugendtreff Fusion (Schloßstr. 24, Zugang gegenüber Römerst. 25)


Station zum Thema Menschenwürde: 
Rathaus II (Marktplatz 4)